Brauchtum in Würselen - Das sind in erster Linie die Jungenspiele, der Karneval und das Schützenwesen. Nach und nach werden dazu Texte und Informationen in dieser Rubrik erscheinen.

Jungenspiele


Das Maibrauchtum in Würselen wird in all seinen Orten und Stadtteilen lebendig erhalten. Es ist mehrere Jahrhunderte alt und in verschiedenen Schriften im Kulturarchiv dokumentiert. In der Nacht zum 1. Mai ziehen die Junggesellen vor die Wohnungen der ledigen Mädchen, singen das Mailied und „bestimmen“, dass sich für die Zeit der Jungenspiele (in den einzelnen Orten zu unterschiedlichen Zeiten) ein junger Mann und ein Mädchen „zusammentun“ sollen, um durch die Stadt zu ziehen, zu singen, zu feiern und zu tanzen. Daraus ist manchen Ehe entstanden…

Die älteste bekannte Quelle findet sich in den Sendgerichtsprotokollen der Pfarre St. Sebastian. Ein Eintrag im Jahre 1620 lautet:

„Zu Protokoll gegeben: Am l. Mai [1620], dem Fest der Apostel Philipp und Jakob, sind die Junggesellen im Dorf Würselen nicht nur während der gesamten Nacht umhergezogen und haben um Gaben gebeten, sondern einige haben sich auch in der Gaststätte des Quirin von dem Birckdaum aufgehalten, als man zur Hauptmesse um neun Uhr läutete. Vor dem Beginn des Gottesdienstes hat der Pastor zwei Messdiener in die genannte Gaststätte geschickt, um den Wirt und die Gäste an seine Messfeier zu erinnern. Als dies erfolglos geblieben war, hat sich der Pastor persönlich, bekleidet mit Alba und Stola [den Zeichen seines priesterlichen Amtes], in das Gasthaus begeben und hat [die Junggesellen] zuerst höflich, dann barsch ermahnt und erinnert. Dies hatte aber lediglich zur Folge, dass ein kleinwüchsiger Soldat des Amtes Wilhelmstein, der einen blonden Bart trägt und das Leiendeckerchen genannt wird, den Pastor am Kücheneingang mit einem Gewehr bedroht hat, während die Junggesellen widersetzlich geblieben und dem Gottesdienst zum allgemeinen Ärgernis ferngeblieben sind. Die Namen [der Junggesellen] lauten [u. a.] Andreas Hennens, Hilger Offermanns, Quirin Engel, Heinrich Engelen und Johannes Becker. […] Am Fest Christi Himmelfahrt [25. Mai 1620] sind die Junggesellen des Dorfes Würselen und ihre Genossen am frühen Morgen in den Wald gezogen und haben einen Maibaum geschlagen. Dann haben sie den Maibaum während des Gottesdienstes nach Würselen transportiert und am Nachmittag auf dem Grundstück des Quirin von der Birkdum aufgestellt. […] Am Pfingstdienstag [1620] sind die tanzversessenen Junggesellen der Pfarrei schon vor dem Beginn der Hauptmesse von einem Wirtshaus in das andere gezogen, sind ungeachtet der Hauptmesse von Wilhelm Quadfliegs Haus nach Oppen zu Philipp Wahlen gegangen und haben sich betrunken, und zwar derart, dass Wilhelm Noppeney zwischen elf und zwölf Uhr mittags seine Mutter beschimpft, sie dann heftig geschlagen und schließlich die Küchenfenster einschließlich Glas und Rahmen zertrümmert hat.“

(Der Text wurde aus der damalig gesprochenen Sprache in unsere heutige Sprachweise übersetzt von Dr. Franz Kerff)

Der strengen Geistlichkeit haben die Maibräuche damals wohl sicher nicht gefallen!
Das Maibrauchtum mit seinen zeitlichen Abläufen ist in dem Buch von Kurt Michels „Die Würselener Jungenspiele – Maibrauchtum in einer rheinischen Stadt“ dokumentiert.

Einige der Ortsteiljungenspiele haben zu Jubiläen und anderen Anlässen Festschriften herausgegeben, die im Archiv besammelt werden und dort einzusehen sind, wie die 90 – seitige Festschrift aus Bissen aus dem Jahre 2010. 
Die „75 Jahre“ beziehen sich auf das Jubiläum der Maigesellschaft. Das Jungenspielbrauchtum in Bissen währt natürlich viel länger. Bekannte Nachweise stammen aus dem 19. Jahrhundert, das Maibrauchtum ist aber viel älter.

Jungenspiele (Bilder und Hinweise)


2013 war das Thema Jungenspiele auch Thema des Monats. Teile der damaligen Veröffentlichung und vor allem die alten Bilder wollen wir hier weiterhin zugänglich halten. Hier finden Sie auch „Links“ zu weiteren Jungenspielseiten.
Von Heinz Josef Küppers

„Würselen – Stadt der Jungenspiele“ Diesen Slogan prägte vor Jahren der damalige Stadtdirektor Albert Cramer. In der Tat sind die Jungenspiele ein unverwechselbares Kennzeichen unserer Heimatstadt. Weit und breit ist wohl kaum eine Gemeinde oder eine Stadt zu finden, in der sich so viele junge Menschen bei der Bewahrung und Pflege eines Brauchtums engagieren.

Voraussetzung für das Zustandekommen der Jungenspiele ist das „Ausrufen“ der Maipaare zu Beginn des Monats Mai. Maibräuche in vielerlei Ausprägungen sind in weiten Teilen des Rheinlandes, in Südlimburg, in der Eifel, im Hunsrück, des Saarlandes und auch im Hessischen anzutreffen.

Der Aachener Chronist Karl Franz Meyer berichtet 1781 in seinem Buch „Achensche Geschichten“: In den letzten April-Tägen bis zu Anfang des May-Monats pflegen sich die jungen Manns-Leute und Buben bei Abendzeiten Hauffen-weiss zu versammelen, suchen eine gewisse Anhöhe oder freien Platz und ruffen daselbst diejenige, welche aus beyderley Geschlecht sich einander gerne sehen, oder auch sonst, wie es ihnen beyfällt zu künftigen Ehepaaren mit Namen aus; unter diesen maecht einer allein mit lauter Stimme den Vortrag und sobald er ein gewisses Paar zusammengegeben, fragt der von den übrigen ihre Einstimmung, welche dann aus vollem Halse Ja schreyen.

Aufzeichnungen über die Jungenspiele im Bereich der heutigen Stadt Würselen finden sich erstmalig um die Mitte des 19. Jahrhunderts.

In der Festschrift „120 Jahre Jungenspiele ‚Nassau'“ verweist Hans Strack auf Aufzeichnungen des Rektors Josef Steinrath, die für Voweiden die Existenz eines Jungenspiels für das Jahr 1851 bezeugen. Im Zusammenhang mit einem Bericht über ein tragisches Unglück am 17. Juni 1855 berichtet Bürgermeister Quadflieg in der Gemeindechronik Würselen von einem Jungenspiel in Morsbach.

Wer sich näher und vertiefend mit dem Maibrauchtum und den Jungenspielen befassen möchte, sei verwiesen auf nachstehende Literatur, die im Kulturarchiv einzusehen ist:

Kurt Michels „Die Würselener Jungenspiel“ in Würselen – Beiträge zur Stadtgeschichte – Band 1, S. 439 ff., Köln 1989

Kurt Michels „Die Würselener Jungenspiele – Maibrauchtum in einer rheinischen Stadt -,Würselen 1980

Karl Corsten „Uralte Maibräuche – Maigericht, Mailiedchen und Jünglingsspiele – in Würselen“ im Heimatbuch der Stadt Würselen, Würselen 1928, S. 43 ff.

Das Archiv besitzt auch eine große Anzahl Jungenspiel-Festschriften, die zu diversen Jubiläen verfasst wurden. Hingewiesen sei noch auf folgende Internetseiten:

Wünschen wir den Jungenspielen in den verschiedenen Stadtteilen eine gute Zukunft. Es ergeht wieder an Sie, liebe Leser, die Bitte, dem Archiv Aufzeichnungen und Fotos zu den Jungenspielen zur Verfügung zu stellen. Wenn gewünscht, werden diese kopiert und dem Eigentümer wieder zurückgegeben.

Heinz Josef Küppers

Karneval


Natürlich nicht nur auf Würselen bezogen ist das Brauchtum des Karnevals.In der Historie wird der rheinische Karneval immer mit der „Franzosenzeit“ verbunden, also mit den Jahren 1793/1794 bis 1814. Der Karneval hat aber viel ältere Wurzeln, auch in Würselen, Bardenberg und Weiden.

Als sich 1986 in Würselen Deutschlands ranghöchste Karnevalisten trafen (Präsidium des Bundes Deutscher Karneval BDK), erschien – von Ernst Hubert Gier und weiteren Autoren geschrieben, ein besonders interessantes Büchlein.

Der damalige Präsident des BDK war der Würselener Journalist Heinz Wacker, der in einer Aachener Zeitung einen Artikel gefunden hatte, der bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts vom karnevalistischem Treiben junger Leute – „de Knauchejonge“ – in Würselen erzählte.Es geht um die Zeit um 1700 bis etwa 1793.

Der Artikel ist lesenswert.

Ein weiterer Artikel beschäftigt sich mit karnevalistischem Treiben in Würselen ab etwa 1815. Er handelt u.a. von einer Gruppe, die sich » „de Fittese“ nannte.
Das älteste derzeit bekannte Foto, das den Würselener Karneval zeigt, ist das Foto des Prinzenwagens aus dem Jahr 1903.

Was wäre Karneval ohne seine Lieder, die man mitsingt und zu denen man schunkelt und feiert. Drum singe, wem Gesang gegeben. Würselener Sänger – Solisten, Duette oder Gruppen – hatten immer einen herausragenden Ruf. Viele sind heute vergessen. Nur kurze Zeit währte die Blütezeit des Quartetts „Vier Düvele“: Paul Carduck, Heinz Felder, Gerd Pütz und Hans Schlüper. Nach einem tragischen Verkehrsunfall, bei dem Gerd Pütz sein Leben verlor, löste sich das Quartett 1954 auf.

Einen guten Ruf genoss das Quartett „Herzblättchen“ mit Texter Ernst Schepers. Wie lange die „Fünf Karos“ aufgetreten sind, ist heute leider nicht mehr zu ergründen.

Im Jahre 1957 wurde die Gesangsgruppe „Fidelitas“ gegründet. Ihr gehörten an Leo Bodelier, Erwin Krönchen, Matthias Eschweiler, Peter Linnenberger und Cornel Fuchs. 1982 stieß auch der bekannte Sänger Jo Meessen zu dieser Gruppe. Der größte Hit der Gruppe war der Karnevalsschlager: „Jedes Jahr ein Kind, bis das wir deutscher Meister sind.“ Mehrere Male waren „Die Fidelitas“ bei der „Verleihung des Ordens wider den tierischen Ernst“ dabei. Auch in Köln waren sie gerne gesehene Gäste bei mancher Karnevalssitzung. Gerne gesehene Akteure – nicht nur zu Karneval – waren die „Scherberger Sängerfreunde“ mit Jakob Leroy, Josef de Ben, Klaus Quadflieg, Hans Schmitz, Franz Klinkenberg, Jakob Klever unter der Leitung von Willi Palm.

Große Erfolge erzielten im heimischen Karneval aber auch bei mehreren Gesangswettbewerben die zwei Mösche: Josef Carduck (später Horst Zengerling) und Bobby Schmitz.

In jüngster Vergangenheit verstanden es die „Wöschelter Jonge“ und auch die „Ülle Jonge“ bei ihren Auftritten die karnevalistischen Zuhörer zu begeistern.

Den größten Bekanntheitsgrad weit über unsere Heimatstadt hinaus erlangten Jupp Peters und Friedel Schwartz, die ihren ersten Schlager 1948 herausbrachten. Bis 1956 stammten die Texte aus der Feder von Jupp Peters, der sich aus gesundheitlichen Gründen von der Bühne zurückziehen musste.

Nun setzte Friedel Schwartz seine Karriere allein mit riesigen Erfolgen fort. Über Jahre waren Hits, wie „Wie kannst Du wissen, was Liebe ist“ im hiesigen Raum in aller Munde. Wenn Friedel Schwartz mit seinem Akkordeon auf der Bühne erschien, brachte er jeden Saal zum Mitsingen und Mitschunkeln. Bekannt ist abseits des Karnevals sein „Würselener Heimatlied“. Im Januar 2009 übergab Bertchen Schwartz, Witwe von Friedel Schwartz, im Beisein von Jupp Peters den Nachlass ihres Mannes dem Kulturarchiv.

Eine klassische Gesangsausbildung hat Jo(sef) Meessen absolviert. In den 60er Jahren folgten zahlreiche Auftritte im Café Vaterland, im Saaltheater Geulen, im Neuen Kurhaus und in der Aachener Femina. Damals gehörten zu seinem Repertoire Schlager und Operetten. Mehr als 20 Jahre gehörte er dem Gesangsquartett „Fidelitas“ an. Bei Festsitzungen des Aachener Karnevalsvereins trat er mehrmals auf. Jo Meessen textete und komponierte zahlreiche Karnevalslieder, die er in Aachen und Umgebung zu Gehör brachte.

Sehr schön ist eine aktuelle Entwicklung. Einige der früheren Karnevalsprinzen haben sich zusammengeschlossen, um im Karneval, aber auch bei anderen Gelegenheiten das musikalische Erbe unserer Heimat zu pflegen. So gehört das Heimarlied von Friedel Schwartz natürlich zu ihrem Repertoire. Aber sie singen auch viele andere Stücke. Mehr über „Die Wöschelter Prinzen“ finden Sie » hier.

Karneval • Fastnacht • Fastelovvend

Ursprung des Karnevals

Für die Kölner Karnevalisten (» www.koelner-karneval.info) geht der Ursprung des Karnevals auf Feste der Griechen und Römer zurück, die zu Ehren des Dionysos bzw. des Saturn Frühlingsfeste feierten. Die Aachener Karnevalisten (www.karnevalinaachen.de) verweisen auf die alten Germanen, die mit ihrer Verkleidung, mit aufgesetzten Masken und natürlich viel Lärm die bösen Geister vertrieben und die guten Geister weckten, die den Frühling bringen sollten.

Die Volkskundler sehen dies anders. Der bekannteste deutsche Fastnachtsforscher Werner Mezger von der Uni Freiburg beantwortet die Frage nach dem Ursprung der Fastnacht wie folgt: Die Fastnacht hat viele Wurzeln. Ihre älteste Schicht ist sicher im bäuerlichen Naturjahr begründet: in der Freude über das Ende des Winters, die sich im gemeinsamen Feiern Ausdruck verschaffte, ehe mit dem Frühling die Feldarbeit wieder begann. Ihre entscheidende Prägung erhielt die Fastnacht aber im hohen und späten Mittelalter durchs Kirchenjahr, indem sie zum „Schwellenfest“ vor der Fastenzeit wurde. Daher auch ihr Name: „Nacht vor dem Fasten“.

Heinz Josef Küppers hat den vorstehenden sehr interessanten Text geschrieben, den wir nur auszugsweise zeigen. Den vollständigen Artikel finden Sie » hier .

Karneval in Würselen

Es gibt ein altes Foto, das im Jahre 1903 (siehe erstes Foto oben auf dieser Seite) aufgenommen wurde und einen Karnevalsumzug zeigt. Die erste Karnevalsgesellschaft entstand im Jahre 1911: die „Roten Eulen“. 1928 wurde der 1. Würselener Karnevalsverein (WKV) gegründet. Zwischen 1929 und 1939 schwangen elf namentlich bekannte Karnevalsprinzen das närrische Zepter. Am 7. Februar 1939 traf den WKV der „Bannstrahl“ der NSDAP. In einem Schreiben an den damaligen Präsidenten Peter Kogel hieß es: „Aufgrund der in der Karnevalistischen Sitzung Ihres Vereins am 22. Januar vorgekommenen schweren Beleidigungen gegen Führer und Partei kann ich Ihrem Verein zu weiteren Veranstaltungen die Genehmigung nicht mehr erteilen. …………… Da die unerhörten beleidigenden Äusserungen von Ihnen geduldet worden sind, sind Sie als Vereinsführer unter keinen Umständen mehr tragbar und ich ersuche Sie unverzüglich Ihren Vereinsführerposten zur Verfügung zu stellen.“ (Das Schreiben ist abgebildet in der Festschrift 50 Jahre 1. WKV, die im Kulturarchiv vorhanden ist.) Das närrische Treiben fand durch den 2. Weltkrieg ein jähes Ende..

Zum Schluss noch ein wichtiger Hinweis. Zahlreiche Informationen zum Karneval heute und in der Vergangenheit bietet die von Dieter van Horn begründete und sorgfältig gepflegte Website » www.woeschele-alaaf.de

Weitere im Text erwähnte Links:

» www.karnevalinaachen.de
» www.1-wkv.de
» www.auuelle.de
» kg-burggrafen.de
» ausschuss-bardenberger-karneval.de
» www.prinzengarde-bardenberg.de
» www.klöös.de
» www.hölze-päed.de

Karneval und Heimatgeschichte


Das Brauchtum Karneval ist tief verwurzelt in der Heimatgeschichte. Bei der Gestaltung von Karnevalsorden kommt dies oft zum Ausdruck. Wir stellen exemplarisch einige Orden vor, die dies belegen. Drei zeigen alte Gebäude und erinnern so an die Ortsgeschichte (Orden des 1. Würselener Karnevalsvereins), ein Orden zeigt eine Episode aus der Städtepartnerschaft zwischen Würselen und Morlaix (Orden der KG Au Ülle).

Sessionsorden des 1. Würselener Karnevalsvereins für die Session 1989/1990. Mehr zur Ordenshistorie der hier abgebildeten Orden und weiterer Orden finden Sie » hier.

Sessionsorden des 1. Würselener Karnevalsvereins für die Session 1987/1988

Sessionsorden des 1. Würselener Karnevalsvereins für die Session 1988/1989

Der Orden der KG Au Ülle 1986 erinnert an das 10-jährige Jubiläum der Städteüartnerschaft Würselen – Morlaix. Außerdem erhielt der abgebildete Bürgermeister Jean Jacques Cleach in diesem Jahr den 19. Orden Närrischer Grenzlandschild“.